TRENNWÄNDE IN TOILETTEN FÜR SCHÜLER UND LEHRER
September 26, 2022Haushaltsrede 2024
Dezember 16, 2023Gemeinsame Erklärung in Verantwortung für Bocholt
zur Unterbringung von geflüchteten Menschen
„Wir erkennen unsere gemeinsame Verantwortung an, mit Menschlichkeit, Sensibilität und Einfühlsamkeit mit großen Flüchtlings- und Migrationsbewegungen umzugehen und den Bedürfnissen jedes Einzelnen Rechnung zu tragen.“
(New Yorker Erklärung der UN-Vollversammlung – Artikel 11, 19. September 2016)
Flucht- und Migrationsbewegungen haben weltweit ein beispielloses Ausmaß angenommen, dieses bringt in vielen Ländern große Belastungen für den jeweiligen Staat und seine Bevölkerung mit sich. Gleichzeitig führt es zu deutlichen Veränderungen innerhalb der Gesellschaft, die wiederum viele Menschen verunsichert. Diese Verunsicherungen nehmen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der Bocholter Erklärung ernst. Nicht im Sinne von Panikmache und Ausgrenzung, sondern als Handlungsauftrag.
Wir werden handlungsfähig, wenn wir den Fokus auf die Möglichkeiten und Chancen der Zuwanderung setzen. Allen Parteien im Bundestag ist klar, dass Deutschland zum Erhalt des Wohlstandes aufgrund der demografischen Entwicklung in den nächsten Jahren ca. 400.000 Menschen jährlich braucht, die in den Arbeitsmarkt einsteigen. Also geht es um das „Wie?“.
Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe in der Europastadt Bocholt Zusammenleben zu organisieren, Ausgrenzung zu verhindern und Integration zu ermöglichen. In den vergangenen Jahrzehnten ist dies Bocholt gelungen. An diese Tradition wollen und müssen wir anknüpfen.
Integration ist in vielfältiger Weise bereichernd, Ausgrenzung schafft Konflikte: Wir werden handlungsfähig, wenn wir den Fokus auf die Möglichkeiten und Chancen der Zuwanderung setzen und gemeinsam Lösungen finden.
- Wer entscheidet über die Zahl der Flüchtlinge, die Bocholt versorgen muss?
Bocholt entscheidet nicht, ob und wie viele Flüchtlinge aufzunehmen sind. Die Gesetzeslage ist klar: Die Zahl der Flüchtlinge wird Bocholt von der Bezirksregierung anteilig zugewiesen. Der Stadt trägt die gesetzlich verankere Verantwortung, diesen Menschen, Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung zu stellen und Integration zu ermöglichen, was den Besuch von Kitas und Schulen einschließt. Wir begreifen es als Chance für unsere Stadt, mit Geflüchteten gemeinsam eine (Lebens-)Perspektive zu entwickeln.
- Was hält Bocholt zurzeit vor?
Bocholt hält mit dem Jupidu und den mobilen Einheiten auf dem Gelände des ehemaligen SC 26 bisher zwei größere Einrichtungen vor zur Unterbringung vor. Neben vielen dezentralen über das Stadtgebiet verteilte Unterbringungsmöglichkeiten (derzeit XX Orte) kamen Notunterkünfte in Turnhallen. Für die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner die denkbar schlechteste Form der Unterkunft – nicht nur weil die Lebens- und Aufenthaltsqualitäten für die dort untergebrachten äußerst schwierig sind, sondern weil solche Turnhallen in der Stadtgesellschaft anderen Zwecken dienen (vom Schul- bis zum Vereinssport)
Die aktuellen Prognosen stellen für die nächste Zukunft in Aussicht, dass von der Stadt Bocholt noch weitere 500 Plätze bereitgestellt werden müssen. Darin sind dramatische Fluchtbewegungen aus der Ukraine, z.B. wegen der Sprengung des Staudamms, nicht eingerechnet.
- Wie kann Integration gelingen?
Die letzten Jahre haben gezeigt, dass eine Integration möglich ist. Den „Flüchtling“ gibt es nicht, dafür sind die (früheren und aktuellen) Lebenslagen der Menschen zu verschieden. Entsprechend kommt es bei der Aufnahme und Versorgung sowie bei Maßnahmen zur Förderung gesellschaftlicher Teilhabe darauf an, wie gut sie zu den individuellen Lebenslagen passen. Hier ist die Arbeit der EWIBO, die die Flüchtlingsbetreuung übernommen hat, sehr positiv zu erwähnen. Insbesondere der Zugang zu Wohnraum, Sprache, Bildung und Arbeit, so zeigen es viele wissenschaftliche Studien, macht Integration möglich und vermeidet Konflikte. Sie weisen darauf hin, dass gerade eine dezentrale Unterbringung an Orten in der Mitte der Stadtgesellschaft mit Zugang zu Versorgungsmöglichkeiten, für beide Seiten – die Stadt und die geflüchteten Menschen – deutlich weniger konfliktbelastet ist. Bisher hat Innenstadtnähe oder die Integration in Wohnquartiere in Bocholt in keiner Weise zu Problemen geführt.
- Was soll „Auf dem Takenkamp“ entstehen?
Die die Bocholter Politik hat auf Vorschlag der Verwaltung nach gründlicher Abwägung beschlossen, am „Auf dem Takenkamp“ eine zeitlich befristete (bis 2027) Siedlung mit kleinen überschaubaren mobilen Einheiten zu erstellen. Anschließend soll eine Bebauung mit Wohnungen entstehen. Die Planungen dafür werden bei der Anlage der Siedlung bereits berücksichtigt. Dieser Entschluss ist den Bürgerinnen und Bürgern in zwei Veranstaltungen aufgezeigt worden.
- Was würden Flüchtlingsunterkünfte weit draußen vor der Tür bedeuten?
Wenn wir die Flüchtlinge räumlich ausgrenzen, indem eine konzentrierte Sammelunterkunft weit außerhalb des Stadtzentrums errichtet wird, werden wir die Folgen der Ausgrenzung deutlich spüren. Nur ein Miteinander, eine Integration der Menschen wird langfristig zum Erfolg führen und dazu braucht es eine offene und positive Haltung diesen Menschen gegenüber.
- Was passiert, wenn die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung aufgrund des Bürgerentscheides zurückgenommen wird?
Die Aufgabe der Stadt Bocholt, die zugewiesen Flüchtlinge unterzubringen, zu versorgen und zu integrieren, bleibt bestehen. Wenn in Stadtteilen Unterkünfte nach dem St. Floriansprinzip verhindert werden, hat das zur Konsequenz, dass die zugewiesenen Flüchtlinge in vorhandenen, städtischen Gebäuden verteilt werden müssen. Das sind erfahrungsgemäß zunächst die städtischen Turnhallen und damit trifft es unsere Kinder und Jugendlichen, sowie alle sporttreibenden MitbürgerInnen.
- Was braucht es noch für die Flüchtlinge?
Neben der Stadtverwaltung, dem Arbeitskreis Asyl, der VHS, der EWIBO, den mit Quartiersarbeit betrauten Organisationen, den Kirchen, den Sportvereine und andere Vereine und Organisationen, die präsent sind und seit Jahren die Integration der Geflüchteten unterstützen gibt es viele weitere ehrenamtliche Helferinnen und Helfer- alle koordiniert von der Stadtverwaltung. Sie alle arbeiten in unterschiedlichen Feldern. Die wichtigsten sind:
Sprache
Ohne Sprachkurse keine Integration, hier sind enorme Anstrengungen in den letzten Jahren gemacht worden, doch wir werden mehr Sprachangebote brauchen.
Bildung
Kindergärten und Schulen brauchen zusätzliche Kräfte, um nicht nur die Sprachbarrieren schnell abzubauen, sondern nötige Betreuung und Integrationsleistungen sicherzustellen. Zudem brauchen qualifizierte Erwachsene Unterstützung zum Erlangen der Anerkennung ihrer Abschlüsse aus ihren Herkunftsländern, eventuell Weiter- und Ausbildungsangebote, Unterstützung bei der Suche nach Arbeit und einen schnellen Zugang zu Arbeit, es darf keine Arbeitsverbote geben.
Quartiersarbeit
Eine gelungene Quartiersarbeit ist der Schlüssel für gelungene Integration. Niederschwellige Angebote für alle Menschen im Quartier fördern ein Miteinander.
Arbeit
Eine gelungene Integration gelingt, wenn Menschen Arbeit finden, das belegen mehrere Untersuchungen (Bundesministerien, UNO, etc.). Bocholt braucht Arbeitskräfte, daher ist Integration eine Zukunftschance für unsere Stadt.
„Die Unterzeichner stellen sich klar gegen den Bürgerentscheid und bitten die Bocholter Stadtgesellschaft, das Bürgerbegehren abzulehnen.“
Krisen begegnet man mit der Stärkung der eigenen Resilienz, sowie der Stärkung einzelnen Gruppen innerhalb einer Stadt. Der Fokus sollte daher darauf liegen, gemeinsame Ideen und Möglichkeiten zu kreieren, um unsere eigene Widerstandsfähigkeit und positive Energie zu nutzen. Wir wünschen allen Menschen den Mut, lösungsorientiert und mit einem klaren Plan, die kommenden Aufgaben anzugehen.